HORIZONT BRAND TICKER Diese Marken gewinnen und verlieren durch die Coronakrise
von Michael Reidel, Mittwoch, 15. April 2020
Die Corona-Krise verändert vieles im Marketing, auch den monatlichen HORIZONT Brand Ticker. Statt die Entwicklung der Markenwerte auf Monatsbasis zu analysieren, beschäftigt sich das Tool in seiner aktuellen Ausgabe mit dem Net Promoter Score. Welche drei Marken bei der Empfehlungsrate im März gut performt haben und welche Marke verloren hat, erfahren Sie in der exklusiven Auswertung von Adwired und Spirit for Brands.
Im März 2020 auf Markenwerte zu schauen, macht angesichts der Corona-Pandemie wenig Sinn. Denn die Werte haben in den vergangenen Wochen stark gelitten, “was aber nicht unbedingt mit der Markenperformance zu tun hat, sondern viel mit psychologischen Entwicklungen an den Börsen oder fehlender Wertschöpfung aufgrund produktivem Stillstand”, erklärt Walter Brecht, der hierzulande als Geschäftsführer von Spirit for Brands den Brand Ticker von Adwiredvertritt.
© Brand Ticker
Die Markenwerte stehen stärker unter Druck als der DAX
Wichtiger sind in diesen Zeiten für Brands andere Aspekte wie Loyalität, Vertrauen oder Verantwortung. “Solidarität ist die aktuelle Relevanz von Marken und Dankbarkeit ist der augenblickliche Return on Brand Investment”, sagt der Markenstratege. Deswegen analysiert der Ticker für den Monat März die Entwicklungen beim Net Promoter Score. Der NPS ist ein Management-Tool, mit dem die Loyalität der Stakeholder eines Unternehmens gemessen werden kann. Er kann von -100 (jeder ist ein Kritiker) bis +100 (jeder ist ein Promotor) reichen.
Volks- und Raiffeisenbanken: Kunden im Fokus
Die Volks- und Raiffeisenbanken verbessern im März ihren NPS-Wert um 19 Punkte. Das ist nicht nur ein Spitzenwert, sondern zeigt, dass der Finanzdienstleister derzeit ziemlich gut die Bedürfnislage der Menschen bedient. Unter anderem kommuniziert die neue Kampagne “Morgen kann kommen” Zuversicht und Sicherheit. Auch als Krisenkommunikation werden Varianten dieser Kampagne eingesetzt, die für Maßnahmen werben, um die Ansteckungsgefahr der Kunden zu minimieren. “Es kann somit glaubhaft vermittelt werden, dass man gut auf die Krise vorbereitet ist und nun die Unterstützung der Kunden im Fokus steht”, sagt Walter Brecht. Dieser Entwickung schadet auch nicht, dass das Institut das gute unternehmerische Vorjahresergebnis nicht wiederholen kann.
Stihl: Sicherheit im Blick
Stihl lebt vom Machen. In Zeiten von Kontaktsperren und #stayhome-Aufrufen ist das allerdings nicht so einfach möglich. Trotzdem performt die Marke beim NPS und legt um 17 Punkte zu. Warum die Empfehlungsrate steigt, owohl viele die Produkte des Familienunternehmens nicht wie gewohnt einsetzen können? Dafür hat Brecht verschiedene Erklärungen.
© The Brand Ticker
Das sind die Marken mit den stärksten Veränderungen beim NPS im vergangenen Monat
Zum einen spendet Stihl Atemschutzmasken an medizinisches Personal und unterstützt ein SOS-Kinderdorf. Zum anderen zog das Unternehmen mit Hauptsitz in Waiblingen-Neustadt den Launch des neuen Online-Shops vor, auch um den angeschlagenen Fachhandel zu stärken. Nahezu alle Geräte sind jetzt digital bestellbar. Auf der neuen Website sollen die Kunden den gleichen Service wie beim Einkauf im Fachhandel erhalten, heißt es. Die passenden Anleitungsvideos und Artikel erhalten die Käufer einfach im Onlineshop. Das kommt an, die Empfehlungsrate steigt. Und sie könnte noch weiter steigen. So hat die Marke gerade in der Schweiz eine neue Kampagne anlaufen lassen, bei der Anwender und Produkt ein Team bilden.
Deutschen Bahn: Service als Vorteil
Die Deutsche Bahn steht oft im Zentrum von Kritik. Zu spät, schlechter Service, mangelnde Informationen lauten häufig die Vorwüfe. Ausgerechnet in der Corona-Krise gehört das Transportunternehmen aber zu den Stützen des Systems Deutschland. Die Züge rollen, es wird viel und transparent kommuniziert. Zudem werden die Kulanzregelungen für die Kunden ausgeweitet und Menschen aus Urlaubsgebieten zurückgeholt. Das honorieren die Deutschen. Der NPS-Wert steigt im März um 16 Punkte. Ob es nach Corona dabei bleibt?
Adidas: Fehlende Empahie
Wie schnell eine Marke Vertrauen und Glaubwürdigkeit in einer Krisenzeit verspielen kann, zeigt Adidas. 25 Punkte verliert der Net Promoter Score des Herzogenauracher Unternehmens im März. Damit ist die Drei-Streifen-Marke der große Verlierer im Brand-Ticker-Ranking. Das ist wenig überraschend. Nach dem Milliardengewinn im vergangenen Jahr wollte das große Weltunternehmen angesichts der Coronakrise keine Mieten mehr zahlen. Der Sportartiker löste mit der Ankündigung einen Sturm der Entrüstung aus. Zwar entschuldigt sich Adidas, doch der Marke hat es beim Image trotzdem geschadet.
Wie stark das nachwirkt, wird sich für Experte Brecht noch zeigen: “Wenn sich aktuelle Umfragen bestätigen sollten, dass Marken, die sich während Covid-19 positiv hervorgetan haben, danach bevorzugt werden, dann hat diese Entscheidung vielleicht weitreichendere Folgen als man dachte”.