WERBUNG IN DER CORONAKRISE Warum Coca-Cola falsch reagiert hat und Marken gerade jetzt Werbung schalten sollten
Brian O’Connor, Rethink Dienstag, 14. April 2020
Viele Unternehmen haben ihre Werbemaßnahmen wegen der Coronakrise eingefroren – darunter globale Top-Marken und Big Spender wie Coca-Cola. Fest steht: Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Warum sich Coca-Cola mit dem Stopp aller Werbeausgaben ab April aber keinen Gefallen tut, analysiert Brian O’Connor, Managing Partner der Agentur Rethink, in seinem Gastbeitrag für HORIZONT.
“We strive to do the right things for stakeholders across the world” sagte der Getränkehersteller Coca-Cola in seinem Company-Werbespot Ende 2019. Alle Werbeausgaben ab April zu stoppen ist meines Erachtens aber “not right”. Es ist unvernünftig, weil es nicht nur dem eigenen Ökosystem schadet, sondern man damit auch wider der Geschäftslogik handelt.
Coca-Cola ist eine Lovebrand und trägt Verantwortung
Ich selbst bin ein großer Fan von Coca-Cola. Das Getränk ist seit meiner Kindheit regelmäßiger Bestandteil meines Lebens.. Kennen und lieben gelernt habe ich Coca-Cola vor allem aufgrund von Werbung. “Share a coke” ist bis heute eine der erfolgreichsten Kampagnen weltweit. Refresh the World. Make A Difference ist ihr Reason Why. Das sind Claims, denen Coca-Cola aktuell leider nur bedingt nachkommt.
Einerseits entzieht Coca-Cola mit dem Stopp aller Werbeausgaben ab April als einer der größten Player im Markt dem eigenen Ökosystem unfassbar viel Geld. Das wird Agenturen wie Verlagshäuser schmerzlich treffen und die Arbeitsplätze unzähliger Mitarbeiter*innen gefährden. Dass man Werbung schalten sollte bzw. wie man sich jetzt gegenseitig unterstützen kann, zeigen zahlreiche andere Beispiele.
So legten etwa Rewe und Edeka in den vergangenen zwei Wochen mit neuen Kreationen nach, die das Miteinander betonen. Netflix spendete wiederum 100 Millionen US Dollar, um Arbeitnehmer*innen derUnterhaltungsindustrie zu helfen, die aufgrund des Covid-19-Ausbruchs Produktionen stoppen mussten und dadurch ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und auch Mobile.de verzichtet während der Corona-Krise auf Inseratsgebühren, um Händler zu entlasten und zeigt damit, wie man Stakeholder des eigenen Ökosystem unter die Arme greift.
Zu Gute halten muss man Coca-Cola allerdings, dass sie die fehlenden Werbeausgaben – immerhin 120 Millionen Dollar – komplett zugunsten von Corona spenden. Das ist ein sehr feiner, richtiger und wichtiger Zug. Ich glaube dennoch, dass der Stopp der Werbeausgaben der Marke schadet, weil Werbung und Kommunikation von Marken nie wichtiger war. Erst recht für Coca-Cola. Das grundlegende Problem liegt darin, dass Coca-Cola schon immer etwas war, das uns als Verbraucher*innen glücklich gemacht hat. Jetzt aber – und damit in dem Moment, in dem viele Menschen den positiven Einfluss dieser Marke brauchen – verschwindet sie.
Kommunikation von Marken war nie wichtiger
Dabei belegen zahlreiche Studien, dass die Bedingungen für Werbung gerade jetzt optimal sind. Zum einen ändert sich das Medienkonsumverhalten aufgrund von Corona: Menschen sind zu Hause, kochen mehr selbst und unterhalten sich in der Krise verstärkt mit vertrauten und glaubwürdigen Angeboten in TV, Digital, Radio und Print. In der Folge sind in den vergangenen Wochen sowohl die Zeiten für den Fernsehkonsum als auch die Verweildauer auf Social Media stark angestiegen. Anstatt die Kommunikation also komplett herunterzufahren, sollten Marken ihre Kommunikation vielmehr dialog- und inhaltsorientiert anpassen und verstärkt in sie investieren. Der Bedarf nach Kommunikation, Information, Unterhaltung und Inspiration war wahrscheinlich in den vergangenen Jahren selten größer.
Der Fokus der Kommunikation muss in diesem Fall aber natürlich der Situation angepasst werden. Konkret bedeutet das, dass die Kommunikation zum Beispiel den Gemeinschaftssinn hervorheben, einen informativen bzw. lebensbejahenden Charakter haben und konstruktive Hilfestellungen bieten sollte, um somit die gesellschaftliche Solidarität zu fördern. Community-Management durch Social Media kann es Marken ermöglichen, in einen einzigartigen und außergewöhnlichen Dialog mit seinen Verbraucher* innen zu treten. Marken sollten deshalb in dieses Marketinginstrument klug investieren – nicht breit gestreut mit einfachen, heiteren Videoformaten, sondern zielgruppengerechtem Content, der die aktuelle Situation nutzt, aber nicht ausnutzt. Tools wie das Crimson Hexagon können Marketer*innen dabei helfen, die Gespräche auf Social Media zu lesen, zu analysieren und angemessen darauf zu reagieren: Was wollen die Verbraucher*innen wissen? Was fühlen sie?
Berücksichtigen Marken wie Coca-Cola das, können sie in Zeiten von Corona zweifach Gutes tun, wenn sie ihr positives Handeln bewerben: Sie verbessern ihr Image und ihre Reputation bei den Verbraucher*innen und sichern gleichzeitig dadurch wichtige Arbeitsplätze.
Mein Appell an all die großen Marken da draußen lautet deshalb: Tut Gutes und redet darüber. Schaltet Werbung und helft Euch gegenseitig. Das ist solidarisch und vernünftig. Das ist Haltung in Zeiten von Corona, die gut kommuniziert wird und eine positive Signalwirkung für Wirtschaft und Gesellschaft hat. Es vermittelt das, was wir in diesen Zeiten so sehr brauchen: Solidarität und Zuversicht.